Regenbogenfahne auspacken und gut ist? Für erfolgreiches Diversity-Marketing bedarf es etwas mehr. Anlässlich des Pride Months haben wir uns dem Thema angenommen. Und so viel sagen wir Ihnen vorab: Diversity-Marketing ist keinesfalls ein kurzfristiger Trend. Der Begriff und das Konzept dahinter können nicht nur dazu beitragen, Ihrem Unternehmen zu einer bisher unterrepräsentierten Kundinnen- und Kundenschaft zu verhelfen, sondern fördern gleichzeitig einen gesellschaftlichen Zweck. Machen Sie sich bereit für den Deep Dive ins Diversity-Marketing: Warum es so wichtig ist, nicht nur einen Teil der Gesellschaft im Marketing abzubilden und welchen Einfluss ganzheitliche Strategien im Sinne des Diversity-Marketings für Ihr Unternehmen bedeuten können.
Was ist Diversity-Marketing?
Unsere Gesellschaft ist geprägt von Stereotypen: Eine Familie heißt Mutter, Vater, Kind und ein Vorstand besteht aus alten, weißen Männern. An diesen Stereotypen bedient sich die Werbung gerne und macht es sich damit zugegebenermaßen ziemlich leicht. Unternehmen wissen, so landen sie beim Mainstream. Doch fernab der einheitlichen Masse des Mainstreams kann Werbung noch viel bunter sein – und das zeigt uns das Diversity Marketing. Denn was ist mit den „Rocket Girls“, die sich in einer Männerdomäne behaupteten und diese wortwörtlich zum Mond schossen? Was ist mit dem schwarzen Neurochirurgen im Rollstuhl oder dem alleinerziehenden Vater von vier Kindern, der sich aus Solidarität gerne die Nägel lackiert? Sie gehören genauso zu unserer Gesellschaft, wollen inkludiert und im Marketing repräsentiert werden.
Diversity-Marketing ist ein Ansatz, bei dem nicht nur die überrepräsentierten Gesellschaftsbilder bedient, sondern Marketingstrategien entwickelt werden, von denen sich alle Mitglieder unserer Gesellschaft angesprochen fühlen. Das heißt, Menschen ungeachtet ihrer Ethnie, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung, Religionszugehörigkeit, Behinderung oder ihres Alters. Die in diesem Sinne konzipierten Marketingstrategien verfolgen langfristig die Absicht, Inklusion walten zu lassen und damit alle Menschen anzusprechen und einzubeziehen.
Mehr als ein Trend – warum Diversität im Marketing wichtig ist
Marketing beruht darauf, die Bedürfnisse einer Zielgruppe zu verstehen und ihnen das auch zu kommunizieren. Erst wenn Konsumentinnen und Konsumenten sich mit einer Markenbotschaft identifizieren und emotional angesprochen fühlen, lassen sie sich darauf ein.
Da Menschen jedoch dazu neigen, die ihnen bekannte Umgebung zu reproduzieren, ist Werbung noch nicht so divers, wie sie sein müsste. Deshalb muss in puncto Diversity-Marketing noch einiges nachgeholt werden. Denn es inkludiert all die Personengruppen, die heutzutage leider noch viel zu oft in der Werbung unterrepräsentiert sind. Ein folgenschwerer Fehler von Unternehmen, weil ihnen so eine große Zielgruppe durch die Lappen geht.
Dabei ist das Interesse an Diversität im Marketing vorhanden. Laut einer 2021 von YouGov durchgeführten Kurzstudie fordern rund 54 % der Deutschen, dass Unternehmen mehr Wert auf Diversität in ihrer Außenkommunikation und dem Marketing legen.
In einer amerikanischen Studie von Marketing Charts wurde zudem bereits 2019 herausgefunden, dass bei rund 62 % aller Befragten Diversität im Marketing ein wichtiger Faktor ist, wenn sie sich für oder gegen die Produkte eines Unternehmens entscheiden. Oftmals ist es die fehlende Repräsentation, die Konsumentinnen und Konsumenten von einem Unternehmen oder einer Marke abrücken lässt. So ist es auch bei der LGBTQIA*-Community: 58 % gaben an, sich von einer Marke abgewendet zu haben, da sie sich nicht repräsentiert fühlten.
Diversity-Marketing scheint also der Schlüssel zu sein – nicht nur für eine tolerantere, diverse Gesellschaft, sondern auch für noch mehr glückliche Kundinnen und Kunden.
Auf Tuchfühlung: was muss unbedingt beachtet werden?
Diversity-Marketing ist auch im Jahr 2023 noch ein Nischenmarkt. Er bietet Unternehmen viele Potenziale und lässt sie bei richtiger Umsetzung viele neue und vor allem loyale Kundinnen und Kunden gewinnen. Doch wie sollten sich Unternehmen dem Diversity-Marketing nähern? Was gibt es zu beachten?
Ein so emotional aufgeladenes Thema bietet viele Stolpersteine, denen sich Unternehmen vorab bewusst sein sollten. Der größte Stolperstein ist und bleibt dabei, Diversität im eigenen Unternehmen und dem Marketing gar nicht erst anzugehen. Also los geht’s, trauen Sie sich!
Bei der Umsetzung selbst ist eine langfristige Planung und die Entwicklung einer richtigen Strategie entscheidend. Eine schnell heruntergebrochene Diversity-Kampagne, die nicht wirklich zur sonstigen Unternehmenskommunikation passt, wird auch als solche entlarvt. Sowas kommt bei Konsumentinnen und Konsumenten, die immer mehr auf Diversität achten und für das Thema sensibilisiert sind, gar nicht gut an. Der gewünschte Effekt kann somit auch schnell ins Gegenteil umschlagen.
Genauso verhält es sich mit dem sogenannten Pinkwashing. Abgeleitet vom Greenwashing, bei dem sich Unternehmen nachhaltiger darstellen, als sie eigentlich sind, wird beim Pinkwashing eine besonders diverse und weltoffene Haltung kommuniziert. Das kann anlässlich des Pride Months im Juni ein in Regenbogenfarben eingefärbtes Logo sein oder die Teilnahme am Christopher Street Day. Definitiv eine schöne Geste von Unternehmen. Es ist dennoch die grundlegende Haltung, die entscheidend ist. Es reicht nicht, sich während des Pride Months mit Regenbogenfahne besonders divers zu geben, und das restliche Jahr eine ganz andere Schiene zu fahren. Ein diverses Marketing bedarf Authentizität, das gut geplant und stringent durchgezogen wird. Nur so fühlt sich die Zielgruppe ernst genommen, repräsentiert und angesprochen.
Diversity Marketing – das How-to
Zielgruppe verstehen
Der Grundsatz von Werbung beruht darauf, die Zielgruppe zu verstehen. Um so nah wie möglich an dieser zu sein, sollten Unternehmen in den direkten Austausch treten und Marktforschung betreiben. So erfahren sie aus erster Hand, welche Bedürfnisse ihre Zielgruppe hat und daraus schlussfolgernd, welche Strategien entwickelt werden müssen, um bei ihnen zu landen. Hilfreich können dabei auch zielgerichtete Testläufe mit kleinen Fokusgruppen sein, die offenlegen, ob die Strategie in die richtige Richtung geht, oder eher abschreckend wirkt.
Der im Marketing sonst gerne genutzte Ansatz der „Buyer Persona“ wird im Diversity-Marketing nicht vertreten. Denn dabei wird lediglich der Durchschnitt der Gesellschaft abgebildet, nicht aber die unterrepräsentierten Gruppen, die eigentlich angesprochen werden sollen. Um die Gesamtheit der Gesellschaft im Marketing reflektieren zu können, müssen verschiedene Hintergründe berücksichtigt und Konsumentinnen und Konsumenten individuell betrachtet werden.
Diversität leben
Vielfalt im Unternehmensalltag fördert den Erfolg, führt zu mehr Innovationen und steigert die Kreativität. Das belegen zahlreiche Studien. Denn wer sich selbst mit Diversität auseinandersetzt und sie im eigenen Unternehmen etabliert, kennt die Bedürfnisse seiner Zielgruppe ganz genau. Unternehmen profitieren von den verschiedenen Sichtweisen, Hintergründen und Lebenserfahrungen ihrer Mitarbeitenden. Die Zusammenarbeit von Menschen verschiedenen Alters, unterschiedlicher Ethnien und Herkunft, sexueller Orientierung, Geschlechter etc. trägt zu einem vielfältigen Input bei, aus dem einzigartige Ideen für ein inklusives Diversity-Marketing entwickelt werden können. Dieses kann bereits, bei einem wertschätzenden, barrierefreien Corporate-Wording mit genderneutralen Begriffen beginnen. So zeigen Sie sowohl Ihren Mitarbeitenden als auch Kundinnen und Kunden Respekt und das i-Tüpfelchen: Sie verbessern ganz nebenbei noch Ihr Employer Branding.
Authentizität und Zeit
Der wohl wichtigste Punkt bei der Ausführung von Diversity-Marketing ist und bleibt, sich stets authentisch zu geben. Überlegen Sie daher genau, wie Sie das Diversity-Marketing in Ihrem Unternehmen integrieren können, ohne dass es aufgesetzt wirkt oder nicht zu Ihrem Unternehmensimage passt. Diversity-Marketing ist keine einmalige Sache, die mal angeschnitten und danach wieder fallen gelassen wird. Möchten Sie ehrliches Diversity-Marketing betreiben, muss Diversität in jedem Bereich Ihres Unternehmens Einzug erhalten.
Daher wichtig: Planen Sie richtig und gehen Sie strategisch vor, damit Ihre Marketingstrategien kein Schuss in den Ofen werden. Ein erfolgreicher Ansatz und eine wirkungsvolle Strategie erfordern Zeit. Zeit zum Recherchieren, zum Betreiben von Marktforschung, zum Verstehen der Zielgruppe und der diversen Hintergründe.
Der positive Einfluss auf verschiedenen Ebenen betrachtet
Für Unternehmen
Durch die genaue Auseinandersetzung mit Ihrer Zielgruppe entwickeln Sie ein besseres Verständnis für Ihre Kundinnen und Kunden und wissen, wie Sie diese emotional abholen müssen. Integrieren Sie Diversität langfristig in Ihrem Marketing, gewinnen Sie somit einen bisher unbeachteten Kundinnen- und Kundenstamm für sich und erzielen mehr Umsatz.
Für die Zusammenarbeit
Auch innerhalb Ihres Unternehmens hinterlässt Diversität viele positive Spuren. Ein diverses Team vereint viele verschiedene Talente, die mit unterschiedlichen Sichtweisen, Erfahrungen und Hintergründen für mehr Innovationen und Ideenvielfalt im Unternehmen sorgen. Die Achtung der Individualität eines jeden Mitarbeitenden steigert zudem die Motivation und Produktivität sowie die Bindung zum Unternehmen.
Für die Gesellschaft
Last, but not least der wohl entschiedenste Einfluss von Diversity-Marketing: Durch die Repräsentation der gesamten Gesellschaft mit all der Vielfalt an Menschen und Formen des Zusammenlebens wird ein neues kulturelles Bewusstsein für mehr Toleranz und Offenheit geschaffen und vorgelebt. Es werden nicht nur stereotypische Bilder gefördert, sondern eine diverse Gesellschaft und die Integrität von Minderheiten.
Fazit: Pinkwashing – Mau, echtes Diversity-Marketing – Wow
Nochmal zusammenfassend: Diversity-Marketing setzt den Fokus mit gut geplanten Strategien auf unterrepräsentierte Gruppen, sodass diese sich von der Werbung einbezogen fühlen. Wichtig bei der Umsetzung des Diversitäts-Marketings ist, dass Unternehmen diese Form des Marketings nicht nur als temporäres Aushängeschild nutzen und beispielsweise während des Pride Months die Regenbogenfahne schwenken und sie ansonsten das restliche Jahr einstauben lassen. Pinkwashing ist nämlich nicht cool.
Wer aufrichtig diverses Marketing betreiben möchte, sollte es sich dauerhaft auf die Fahne schreiben und auch beim Unternehmensauftritt sowie der internen als auch externen Unternehmenskommunikation konsequent durchziehen. Es ist kein Trend, sondern sollte authentisch vom Unternehmen vertreten werden, ohne dass dieses sich dafür verbiegen muss.
Der richtige Zeitpunkt für ein diverses Marketing ist genau jetzt. Das Motto lautet: lieber spät als gar nicht. Denn Diversitäts-Marketing ist eine Win-win-Situation für alle. Diversität im Unternehmen hilft erfolgreiche Marketingstrategien aufzusetzen, die unterrepräsentierte Gruppen ansprechen und einbeziehen. Sie verbessern Ihr Brand Image und gewinnen gleichzeitig wertvolle Kundinnen und Kunden für sich. Gleichzeitig wird ein wichtiger gesellschaftlicher Beitrag geleistet, denn Diversity-Marketing bewegt zum Umdenken, schafft bestenfalls mehr Toleranz, Offenheit und ein größeres kulturelles Bewusstsein. Beweisen Sie als Unternehmen genug Kondition und Ausdauer und ziehen den Marathon bis zum Schluss durch, werden Sie merken, dass sich Diversity-Marketing auszahlt – im Kleinen für Ihr Unternehmen und im Großen für die gesamte Gesellschaft.
Sie möchten mit Ihrem Marketing etwas bewegen? Dann trauen auch Sie sich ans Diversity-Marketing heran und tragen dazu bei in der Werbung als auch in der Gesellschaft mehr Diversität einziehen zu lassen.